Reise nach Amerika im Jahr 1761

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Teil 1: Europa - Herrnhut bis Zeist

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23.2.1761 24.2.1761 25.2.1761 26.2.1761 27.2.1761 28.2.1761 1.3.1761 2.3.1761 3.3.1761 4.3.1761 5.3.1761 6.3.1761 7.3.1761 8.3.1761 9.3.1761 10.3.1761 11.3.1761 12.3.1761 13.3.1761 14.3.1761 15.3.1761

Reise Diarium der 6 Brüder. Thrane, Dettmers, Arbo, Oberlin, Möhring und Schönberg von Herrnhuth bis Zeyst.


Loos. Bringt Jünglinge auf, derer Sinn dem seinen gleiche u. die Hütte seiner Leiche.

☽ 23ten Febr. 1761. Nachdem wir von unsern allerliebsten Johannes abgefertiget waren, reiseten wir um 8 Uhr von unser liebes Herrnhuth ab. Nach 12 Uhr passierten wir durch Löbau und unten vor Hohkirch hielten wir unsern ersten Mittag. Um 2 Uhr fuhren wir nach Bauzen ab. Daselbst wir Post Pferde bestellen wolten aber keine krigten, wegen der vielen extra Posten von und nach Dresden. Der Postm. gab uns also ein Zettel an den Postm. in Schweinerd daß er uns befördern sollte, und bis dahin wir also selber zusehen möchten wie wir dahin kommen könten. Wir hielten uns deshalben eine ganze Stunde auf u. es war schon sehr dunkel wie wir von da nach Klein Welke abfuhren. Unser Fuhrmann der von Berthelsdorf war, kam an einer unrechten Ecke zur Stadt hinaus und brachte uns nach Teichnitz, daselbst nahmen wir einen Boten mit einer Laterne mit nach Klein Welke, weil es sehr finster und der Weg gar sehr arg war, wir kamen also um 8 Uhr in Klein Welke an, u. hörten sogleich daß es unser Glück war daß wir uns über Teichniz verirrt hätten, weil der odinaire Weg gar nicht passable seyn soll. Die Ge-

schwister allhier nahmen uns mit vieler Herzlichkeit und Liebe auf, und bewirtheten uns aufs Beste. Br. Clemens dem es den Tag vorher war geschrieben worden, daß wir heute kommen würden, hatte einen Boten nach Bauzen uns entgegen geschikt, dieser Bote verfehlte uns und kam und suchte uns aufs Post Haus wie wir schon fort waren, durch denselben Boten lies uns der Post Meister sagen, daß wenn wir Morgen früh noch Pferde haben wollten, sollten wir nur hinein schikken, so wolte er uns dazu verhelfen und den Wagen nach Klein Welke hin ausschikken. Allhier hörten wir daß die 2 Fuhrwagen mit den Schwestern, wegen des hohen Waßers in der Elster 2 Tage in Prischwiz hätten müßen stille liegen, sie hatten vorgestern solches nach Klein Welke gemeldet, u. wie gestern früh die Geschw. Seifferts u. Br. Biedermann wären dahin gefahren um sie zu besuchen, wären sie bey ihrer Ankunft eben durchs Waßer gefahren daß die von Klein Welke jene wol hinten nach gesehen, aber einander nicht gesprochen hatten. Wir hatten heute schlechten Weg, Sturm u. Regen.

Los. Ich will bei euch der Leute viel machen.
Des Volks das Jesu Marter treibt.


♂ 24. Früh um 5 Uhr schikten wir einen Boten nach Bauzen ab, und um 8 Uhr war der Postwagen schon da, wir fuhren also gleich von Klein Welke ab und kamen um 12 Uhr in Schweinerde an. Wir bekamen gleich Pferde, und nach dem wir gegeßen hatten fuhren wir über Camenz nach Königsbrück daselbst wir gegen 7 Uhr ankamen, und um ½ 9 Uhr von da wieder nach Grossenhayn abfuhren. Wir wären gerne gerade von hier nach Elsterwerda zu gegangen, es wollte uns aber kein Postillion den Weg bey Nacht wegen des vielen Waßers und Grabens fahren, wir gingen also den andern Weg und ließen Schönfeld rechter Hand. Wie wir ausfuhren war es ganz finster nach Mitternacht war Mondschein und starker Frost. Wir fuhren durch ein Wald und schliefen beynahe alle: der Postillion rief: Duck! Duck! Br. Oberlin der dieses nicht gleich verstand u. im festen Schlaf war, wurde von einem

starken Ast unter das Kinn so gefaßt daß er anfing zu schreyen und wir alle miteinander erschracken. Es wurden ihm die Lefzen u. die Nase etwas verwundet u. aufgerißen, da es doch so gefährlich war, das er Maul Nase u. Augen gänzlich hätte ruiniren können. Wir waren froh daß es so glükl. abging. Wir kamen endlich auf einen sumpfigten unebenen Weg der über einer langen Wiese ging und zu beiden Seiten Graben hatte. Wir mußten alle absteigen und über die Graben springen und durchs Waßer gehen, endl. wurde das Waßer immer tiefer, und wir mußten zurück und uns wieder auf den Wagen sezen: wir kamen aber doch glücklich hinüber.

Los: Ich will euch die Jahre erstatten.
Domine, remitte nobis percatu nostru omissionis.


☿ 25. Früh um 4 Uhr kamen wir in Großen Hayn an. Der Post Meister war sehr unbescheiden konte uns weder aufnehmen noch Pferde verschaffen, sondern verwieß uns in die Stadt in einen Gast Hof, u. wir möchten selber vor unser Fortkommen besorgt seyn. Wir fuhren in die Stadt und frühstükten u. bekamen hernach im Stern von dem Wirth 3 Pferde die uns nach Elsterwerda bringen wollten. Der Post Meister gab uns ein Passier Zettel, und waren in Elsterwerda schon um 11 Uhr. Wir hatten gut Wetter u. es war stark gefroren daß der Weg den Wagen hielte. Um 12 Uhr fuhren wir nach Sonnenwalde ab, daselbst wir um 4 Uhr ankamen, und um 5 Uhr wieder von da nach Dama abfuhren.
Es fing schon an dunkel zu werden, und war ein harter Sturm mit Schnee Gestöber der uns gerade entgegen kam. Wir hatten noch über eine Stunde lang einen rechten schlimmen Weg zu passiren, und mußten wegen des vielen Waßers einen Umweg durch Gebüsche und Moräste machen, kamen auch ehe es ganz finster wurde glüklich hin durch. Endlich kamen wir an einen dikken Wald von 3 Stunden lang, gleich bey der Einfarth in dennselben blieben

die Pferde stehen, und weil es so finster war daß wir einander nicht sehen konten, so mußte der Postillion herunter um zu fühlen, was uns daselbst aufhielte, und da fand sichs daß der Wind die Bäume umgeschmißen und in den Weg gelegt hatte, wir probirten vorbey zu kommen, aber wegen der Finsterniß wars nicht mögl. Wir dreheten auf die Seite und kamen etwa 10 Schritt, da lagen wieder solche Windbrüche. Hier war guter Rath theuer, der Postillion hatte keine Laterne bey sich und wußte sich also nicht zu helfen. Zu allem Glück aber hatten wir in Hhuth uns eine Laterne u. Wachsstock gekauft, aber bis dato zu unserm Gebrauch nicht nöthig gehabt. Wir mußten also im Finstern ein Felleisen aufmachen und die Laterne und den Schwefel Faden heraus nehmen, es geschahe auch und das Felleisen wurde wieder verschloßen. Und ich stieg herunter und wollte Feuer schlagen, verlor aber mein Stahl den ich in den Blättern und Moos eine Weile suchte bis ich selbigen fand, als ich nun wieder Feuer hatte und den Schwefel Faden aus dem Papier nehmen wolte, hatte ich anstatt des Schwefel Fadens ein Papier mit Schnur gekrigt, mußte also wieder auf den Wagen hinauf das Felleisen aufmachen und den Schwefel Faden suchen den ich hernach auch glüklich, als wir nun schon Feuer u. Licht i. e. unsrer Laterne angezündet hatten verlor ich mein Stahl zum 2ten Mal. Nun war kein anderer Rath, als daß einer von uns mit der Laterne voraus gehen mußte. Wir trafen auf diesem Weg durch den Busch mehr denn 20 Orte an wo die umgefallenen Bäume quer über den Weg lagen, da wir mit vieler Mühe ausweichen und zwischen die Bäume fahren, und doch wiederum auf den Weg zu kommen suchen mußten. Hätten wir nicht die Laterne bey uns gehabt, so wäre absolut kein anderer Rath gewesen als in dem Wald die Nacht über zu bleiben bis es wäre Tag geworden. Wir hielten uns eine niedl. Singst.

Wir kamen endl. um 11 Uhr zu jedermanns Verwunderung in Dama an. Weil es uns noch sehr finster war und auch anfing zu regnen, so ließen wir uns einen Caffe machen, und saßen auf Stülen u. schliefen bis 3 Uhr.

Los. Es sollen nicht mehr Kinder da seyn, die ihre Tage nicht erreichen, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen. Weil sie der Tod nicht bleiben ließ.

♃ 26. Früh um 5 Uhr. Wir hatten hier ein gutes Quartier. Wir fuhren unter einem beständigen starken Regen von hier ab und kamen in Jüterbock um ½ 10 Uhr an. Der Post Meister accomodirte uns aufs beste, und die Stube wurde um unsere naße Kleider zu trocknen, so stark eingeheizt, daß wir beynahe wären ohnmächtig geworden. Wir hatten alle Wollene Paraguen auf, die aber von beßerer facon waren als des Postmeisters seine, der auch eine hatte. Er hielt sehr an, daß wir ihm doch eine von denselben verkaufen möchten: Weil ihm nun meiner am besten paßte, so tauschte ich mit ihm u. er gab mir noch 1 rl. zu. Er war nebst seiner Frau sehr froh darüber, zog sich gleich an und sezte die Parague auf die ihn um 10 Jahre jünger aussehend machte. Um 1 Uhr da wir von da abfuhren trafen eben die 2 Brr. Krause u. Unger daselbst ein, weil sie nun schon durch u. durch naß waren resolvirten sie die Nacht hier zu bleiben u. wir fuhren auf Bosdorf zu. Wir hatten einen gar grausamen Weg aber einen exellenten Postillion und gute Pferde, sonst wären wir nicht fortgekommen. Heute hielte ein Regim. Recruten so aus dem Brandenbl. kamen hier Rast Tag. Um ½ 7 Uhr kamen wir endl. in Bosdorff an. Br. Dettmers der unterwegens krank wurde, begab sich gleich zur Ruhe und wir blieben die Nacht hier. Die Post und auch das Dorf war Preußisch, sie erzehlten uns vieles von der von der Reichs Armee, Würtenberger u. deßen hier gethanen Plünderung, wir konten auch die Spuren davon in unser Logement sehen, weil hie u. da ein Stück Tapeten hing und Stüle und Bäncke auch alle waren zerschlagen gewesen.

Los. Saget euren Brüdern, daß sie mein Volk sind, u. zu eurer Schwester, daß sie in Gnade ist
Hier sind Gabriels Maniren um getrost zu appliciren


♀ 27. Früh fuhren wir unter beständigen Regen und Sturm nach Cosweg ab. Wir kamen um 11 Uhr an und fuhren um 1 Uhr über Roslau und Zerbst ab.
Hier in Coswig erfuhren wir zu erst daß die Elbe ganz extraordinair ausgetreten u. alle Dämme überschwemmt hatte. Wir sahen auch so weit wir sehen konnten nichts als Waßer, uns war

bey so bewandten Umständen um Barby bange. Hier bekamen wir schön Wetter welches uns besonders wohl that. Zwischen hier u. Roslau erfuhren wir daß ein Theil der Dessauer Brükke weg gerißen und niemand mehr daselbst passirn konte. Die Couriers so von Berlin nach Leipzig u. wieder zurück, bey Wittenberg u. Torgau die Elbe nicht passiren konten, wären bis heute doch noch über Dessau gegangen, jezo aber mußten sie den Weg über Zerbst u. Magdeburg nehmen. Als wir in Roslau kamen stand die Vorstadt im Waßer, so daß niemand in dem untersten Stock wohnen konte. Gegen Coswig über liegt das Städtgen Worliz daselbst sie gestern weil der Damm durchgerißen Sturm gelautet, aber niemand konte ihnen zu Hülfe kommen. Um 6 Uhr kamen wir in Zerbst an. Sie gaben uns anfangs schlechten Trost wegen Barby und sagten daß es daselbst 2 Tage Sturmgelautet u. daß niemand die Elbe paßiren konte. Wir resolvirten vor erst die Nacht hier zu bleiben, u. erkundigten uns weiter da wir denn zuverläßig erfuhren, daß man zwar mit einem Boot, aber mit der Fehre mit Wagen u. Pferde nicht hin über kommen konte. Wir logirten im Weisen Schwan, u. hatten ein gutes Quartier. Vor unser Haus auf dem Markt Plaz stunden etliche 80 Wagen mit Schifbrüken, und in der Stadt lagen etliche 30 Mann von den Gensdarms auf Execution. Wir erkundigten uns bey einem, ob der Br. Friederichs Rexius nicht da sey, er antwortete: Nein, er steht bey Freyberg wie auch der Br. Ludwig, ich kenne sie alle beide sehr gut. So balde wir ins Wirths Haus hineingekommen waren, schikte der Officier der das Commando bey den bemeldten Wagen hatte, und im Haus logirte, sein Bedienter zu uns, und ließ sich nach dem Wohlbefinden seiner leibl. Schwester der Frau von Kyauin auf Schrawalde, ankündigen.

Los. Sie sollen nicht umsonst arbeiten, noch unzeitige Geburt gebähren, denn sie sind der Same der gesegneten des Herrn und ihre Nachkommen mit ihnen.

Sey du deiner treuen Hut dafür gut, daß sich keins von unsern Bunde irgend was zur Beul und Wunde, sondern alles zum Segen thut.
♄ 28. Früh feyerten wir Br. Dettmers heutigen Gebtag. Wir überlegten ob wir einen Boten nach Walther Nienburg senden, oder ob ein paar von uns hinfahren sollten? Wir resolvirten endl. alle nach Nienburg zu fahren, und um 10 Uhr da die Schifbrükken nach Wittenberg zu aufgebrochen waren, fuhren wir auch ab. Eine Stunde von Zerbst begegnete uns Br. Ebers. Er sagte uns daß die 3 Brüder, Mart. Schm. Danielsen u. Tommerup vorgestern

Abend hier angekommen waren, daß er abgeschikt wäre nach Zerbst um daselbst wegen die 2 Frachtwagen mit den Schwestern u. wegen Nathanaels Anstalt zu machen, daß die Personen hinüber über die Elbe kommen die Wagens aber dorten bleiben mußten. Er sagte auch daß er um 4 Uhr zurückkäme, und da konten wir, doch wol nicht alle, mit hinüber fahren. Um 12 Uhr als wir in Nienburg ankamen ging das große Fehrbot mit Mundirungs Stükken vor das Jäger Corps in Barby ab. Die Fehrleute wollten uns gleich mit nehmen, aber vor Freude daß wir einen Br. von Barby gesehen u. daß wir abends mit ihm hinüber fahren konten, ließen wir alles fahren, u. glaubten wir wären noch beßer besorgt als sichs hernach fand. Hier erzehlten sie uns vieles von verunglükten Personen, ja so gar daß in Breitenhagen 2 Häuser von Waßer weg gerißen wären.
Um 5 Uhr kam das Fischer Bot von Barby u. auch Br. Ebers von Zerbst. Das Boot war aber zu klein daß es nicht alle mit nehmen konte, und unsere Felleisen u. Kabers mußten auch zurück bleiben. Das wollten wir aber nicht und blieben also die Nacht da. Es waren allerley Volk hier, die Knechte aus Barby so im Zerbster Busch Holz geholt hatten, lagen schon 8 Tage hier und konten nicht nach Haus wegen des Waßers, u. mußten das Futter auf dem Boot laßen herüber fahren. Einmal wie wir auf dem Kirchhof hineingingen u. die Thüre auf machten, kam uns ein Hund entgen der durch die Thür gehen wolte, er blieb aber stehen und sah uns an. Nach etlichen Minuten hörten wir daß der selbe Hund schon todt geschlagen wäre weil er toll und verschiedenes Vieh schon gebißen hatte. Wir dankten dem lieben Heiland vor diese gnädige Bewahrung. Wir waren heute eine artige Gesellschaft hier beysammen, neml. Juden, Xsten Brr. u. vom Jäger Corps das in Barby liegt. Die Nacht auf dem Streu waren Juden Christen u. Brüder beysammen. Der eine Jude sagte daß er einmal in Barby einen Prediger gesehen und gesprochen hätte, welcher in der hebräischen Sprache so gar sehr hoch gelehrt gewesen sey, daß er ihn nicht nach gekant habe. Auf Befragen fand sichs daß es Br. Lieberkühn gewesen ist. Diese Nacht war starker Sturm u. uns war bange daß wir deshalben hier noch länger warten mußten.

Los. Ihr Diener des Altars ihr Diener meines Gottes und der Freundschaft Israel.

☉ 1. Marz. Früh da wir aufgestanden klärte sich das Wetter auf und der Wind war ein wenig gelinder. Um ½ 10 Uhr kam das Fehrbot, darauf wir so sehnl. gewartet hatten, u. um 10 Uhr fuhren wir von Walther Nienburg ab. Wir waren incl. der 2 Juden, u. derer so noch bey dem Fehrhause zu uns kamen 21 Personen.

Wir fuhren also durch den Wald, durch Dorn u. Hecken, und blieben manchmal stekken. Hier lag alles voll von Klafter Holz so der Strom von oben herunter gebracht hatte, unsere Fehr Leute fischten wol einen Klafter auf und nahmen mit. Die Fehrleute sagten uns auch, sie wüßten nicht, ob sie wegen des Sturms die Elbe passiren könte, wiedrigen Falls müßten wir im Fehr Haus warten bis sich der Sturm legte. Wir hatten über 1 ½ Stunde durch den Wald u. Gebüsche zu fahren. Wir kamen endl. ans Fehrhaus, das doch ziemlich hoch liegt und stiegen vor die Thüre aus. In dem Stall daselbst stunden 36 Pferde die schon 6 Tage bis an die Knie ins Waßer stehen, und weder herüber noch hinüber geschaft werden können, so lange das Waßer so hoch ist.

Wir gaben unsern Fehrleuten etliche Gläser Brantwein, u. das half daß der Sturm sich legte daß wir fahren konten.

Auf der Elbe waren doch die Wellen so stark daß etliche ins Boot hier einschlugen. Von Nienburg bis ans Elb Thor in Barby woselbst Br. Gerner uns erwartete, hatten wir doch über ½ Stunden zu fahren. Wir kamen hier nach 12 Uhr an, und mußten mitten durch die Stadt bey der Kirche vorbey, weil die anderen Straßen bey dem Laminario unter Waßer stunden. Wir freueten uns daß wir hier waren u. es war auch alles so gegen uns gestellt daß sich alles über unsere Ankunft freuete und mit vieler Herzlichkeit und Liebe aufnahmen. Hier waren wir nun in so ferne gut aufgehoben, alleine, es war wegen des Waßers nirgends mit Pferde u. Wagen heraus zu kommen. Wir wußten also nicht was wir wegen unserer ferneren Reise resolviren sollten, wir wurden endl. eins zu warten bis Br. Nathanael mit seiner Gesellschaft kommen würde, u. sollten sie bis künftigen Freytag nicht da seyn, so wollten wir, wenn anders durchzukommen sey, doch von hier abreisen.

Los. Ihr seyd die gesegneten des Herrn, der Himmel u. Erde gemacht hat, und seine Kirch auf die Welt gebracht.

☽ 2 Merz Die Brr. Martin Schm. Danielson u. Tommerup reiseten heute von Barby ab nach Zeyst, u. mußten von hier aus theils getragen theils mit einem Kahn fahren bis über Zeitz hinaus. Sie blieben die Nacht in Lalze bey Br. Göttlich.
Um 4 Uhr Nachm. sahen wir das große Fehrbot über die Elbe kommen, in Hofnung daß Nathanael u. seiner Gesellschaft dabey war, liefen wir ans Elb Thor, u. fanden die 2 Brr. Krause u. Unger.

Los. Sey nicht hinläßig, denn euch hat der Herr erwehlt, daß ihr vor ihm stehen sollet. u. daß ihr seine Diener u. Räucherer seyd. Die Hände müßen segnen.

♂ 3ten sahen wir abermal hinaus was über die Elbe kommen würde. Um 4 Uhr kam das große Fehrbott voller Menschen welches wir aber ein bisgen zu spät ansichtig wurden, wir liefen hinaus durch die Stadt nach dem Elb Thor zu, da begegneten uns die Ledigen Schwestern u. die Brr. so mit den Fruchtewagen kommen. Ihre zwey Wagens ließen sie mit den Fuhrleuten in Jüterklik zwischen Zerbst u. Nienburg stehen, weil selbige nicht über die Elbe kommen konnten. Wir schrieben heute nach Herrnhuth u. schikten unser Reise Diarium an Br. Johannes.

Los. Der Rauch des Räuchwerks vom Gebet der Heiligen gehet auf von der Hand des Engels großer Bundes Engel, allerheilgstes Kirchen Haupt.

☿ 4ten früh hatten wir wegen unserer Abreise von hier Conferenz, u. selbige wurde auf den 6ten feste gesezt.

♃ 5. So wol gestern als heute sahen wir fleißig aus nach Geschw. Nathanaels u. hoften noch immer daß sie uns hier einholen würden.
Um 12 Uhr zu Mittag wurde heute früh die Abreise der Schwestern u. Brr. so mit den Fuhrwagen gehen feste gesezt. Es machte aber der Fehr Schreiber ohne der andern Wißen mit Br. Gammern aus, daß sie erst um 3 Uhr von hier abfahren wollten. Es war die ganze Gesellschaft darüber unzufrieden u. Br. Leonhard auch. Um ½ 3 wie sie sich fertig machten und ihre Sachen ins Boot schaffen wollten, kam die Schw. Kannhaaferin von Ebersdorf die sie hier erwartet hatten, u. von deren ihr Kommen niemand was wußte endl. zu allem Glück noch an. Sie hat nicht fort kommen können, u. wäre sie ein Tag eher gekommen hätte sie doch von Zeitz nicht herein gekont wegen des hohen Waßers, ihre Sachen wurden gleich ins Boot gebracht u. um 3 Uhr fuhren sie nach Nienburg u. Jüterklik ab, von da sie hernach über Magdeburg nach Braunschw. ihren Weg nehmen werden. Wir stunden oben über den Fürsten Saal u. sahen sie nach bis sie über die Elbe waren, weil der Wind stark war.

Los. Hebet eure Hände auf ins Heiligthum. Mit einer Beugung ohne gleichen.

♀ 6ten. Früh nach 6 Uhr verließen wir unser liebes Barby wo uns so wohl gewesen war. Wir hatten vom Post Meister einen Wagen mit 4 Pferden von hier bis Helmstadt das sind 9 Meilen genommen. Der H v. Marschall gab uns noch 2 Pferde bis Zeitz mit u. Br. Westm. u. Becker ritten vor aus um uns zwischen die Graben und durchs Waßer gut durch zu bringen. Zu Zeitz hielten wir uns eine halbe Stunde auf, des gleichen in Döben wo wir abermal 2 Pferde bis gegen Langenwille mitbekamen. Wir kamen heute noch eine Meile hinter Wandsleben u. blieben in dem Dorfe Renkersleben

Los. Einen Sabbath nach dem andern. Bis zur großen Ruhe.

♄ 7. fuhren wir um 6 Uhr von hier über Seehusen bis Unde wo wir uns bey 1 ½ Stunde aufhielten. Um 4 Uhr Nachmitt. kamen wir in Helmstadt an, weil wir aber nicht gleich Pferde bekommen konten, so war auch im Post Haus kein Nachtquartier zu haben wir kamen also in dem Wirthshaus zu H. Tilli, der ein rechter Bachus war und der sich brav bezahlen ließ. Heute hatten wir den ersten schönen Tag auf unserer ganzen Reise. Der Wind war stille, das Wetter trocken u. die Sonne schien, nur hatten wir einen sehr schlechten morastigen Weg. Wir schrieben auch mit unsern Postillion nach Barby zurück.

Los. Ihr sollt seinen Namen auf die Kinder Israel legen, daß ich sie segne.
Du heilige 3einigkeit, man lernt in dieser Gnaden Zeit an deine Aemter[?] glauben.


☉ 8. früh um 7 Uhr fuhren wir von hier erst ab, ob wirs gleich bestellt hatten, daß wir um 4 Uhr abfahren wollten. Wir mußten 6 Pferde nehmen bis Braunschweig, darunter aber 2 Retour Pferde waren, davon aber 2 vor der Stadt ausgespannt werden sollten. Von Helmstädt über Königslutter, wo wir zu Mittag futterten bis Braunschweig war der ärgste schlechteste und morastigste Weg auf unsrer ganzen Reise. Heute war ein ein rechtes ungestümmes mit Regen u. Schloßen vermengtes April Wetter. Vor Braunschweig holte uns eine Retour Postollion mit 4 Pferden ein, dieser versprach uns von Braunschweig bis Pene die erste Station hinter Braunschweig zu fahren, ohne weitere Umstände, u. ohne uns in Braunschweig auf der Post zu melden, wenn wir ihm vor 6 Pferde bezahlen wollten, um mit 4 Pferden wieder fahren zu können.

Um nun von den 6 Pferden wieder los zu kommen, die wir von Helmstädt aus doch so sehr nöthig hatten wenn wir nicht hatten sollen sizen bleiben, so gingen wir den Accord ein. Wir kamen um 4 Uhr abends vor Braunschweig an, unsere 6 Pferde wurden ausgespannt, u. der besagte Postillion fuhr uns mit seinen 4 Pferden in die Stadt hinein und durch solche Umwege durch die Straßen bis an sein Haus wo er etliche Stunden fütterte, daß sie auf der Post davon nichts erfahren sollten. Der Postillion brauchte aber doch die Vorsicht u. ließ ein passier Zettel vom Post Meister holen bey der Gelegenheit hatte der Wagenmeister doch den Braten gerochen, denn er kam hin u. fing mit denen Leuten einen großen Zanck an. Wir melirten uns nicht drein, weil es uns nicht anging und uns auch nichts gesagt wurde, u. wißen also auch nicht wie die Sache wieder am Ende wird abgelaufen seyn. Brr. Dettmers aber gab ihm sein Gebühr um Friede zu machen. Br. Dettmers suchte Br. Zimmermann auf, es war aber niemand als ein kleines Mädgen zu Hause u. wir hatten auch keine Zeit zu warten. Um 12 Uhr in der Nacht kamen wir in Peine an. Hier trunken wir einen Coffe u. mußten bis um 6 Uhr auf Pferde warten. Wir hatten schlechten Weg, aber einen guten Postillion u. neblichtes Wetter.

Los. Einen Monden nach dem andern. Liegt man da vor dem Josua

☉ 9. Um 10 Uhr Vormitt. kamen wir in dem Dorf Seine an. Hier lagen seit gestern Nachmittag 2 Kutschen, darunter ein Braunschweiger Gesandter der vom Haag retournirte auch war, und warteten auf Pferde. Weil wir uns seit vorgestern Abend in Helmstädt nichts ordentles gegeßen hatten, so ließen wir uns etwas geben so gut man es haben konnte. Der Post Meister war ein impertinenter grober ungeschliffener Mann, zwar nicht gegen uns sondern gegen die anderen Herrn, die um 4 Uhr erst befördert worden. Wir mußten also bis um 7 Uhr warten, daß wir also vor Thores Schluß Hanover nicht erreichen konten. Wir kamen erst um 9 Uhr hier an u. blieben drausen im Wilden Mann, welches ein schlechtes Logis war. Hier hörte man allerley von den Franzosen, u. man war nicht ohne Furcht selbige hier zu sehen, es wurden die Wachen verdoppelt u. alle Schlag Bäume vorgezogen.

Los. Das ist das Geschlecht, das nach ihm fraget, das da suchet sein Antliz.
Gebrochne Augen, schien ihnen zum Augen heraus.


♂ 10. kamen wir vor halb 11 Uhr nicht von hier weg, weil sie so lange mit den Pferden zauderten ehe sie kamen. Um ½ 3 Uhr waren wir in Hagenburg. 2 Extra Posten begegneten uns 1 Stunde vor Hagenburg und 2 Extra Posten waren uns etwa eine viertelst. zuvor. Weil wir nun keine Hofnung hatten vor Mitternacht Pferde zu bekommen, u. wir hier ein gutes Logis hatten, so resolvirten wir die Nacht hier zu bleiben.
Wir hatten heute gutes Wetter, guten Weg, guten Postillion und es war uns leid daß wir mußten stille liegen, es war aber nicht zu helfen. Hier kauften wir uns etle. Wurst.

Los. Ihr Fürst soll aus ihnen her kommen u. er soll zu mir nahen denn wo ist einer, der so mit willigem Herzen zu mir nahe. Aus Seinem Herzen entsproßen gleichwie geschrieben steht.

☿ 11. Früh um 6 Uhr fuhren wir von Hagenburg nach Lese ab daselbst wir um ½ 10 Uhr eintrafen. 2 Posten begegneten uns u. die ord. Post mit einem Bey Wagen kam eben zu gleich mit uns an. Wir merkten gleich daß es hier so balde nicht gehen würde. Endl. hatte der Post Meister die Bauern so den Beywagen mit der ordinaire Post gebracht hatte u. der nach Diepenau retourniren würde, accordirt daß sie uns fahren sollten ob nun gleich der Wagen so klein und schlecht war, daß die mehresten von uns daneben zu Fuß hätten gehen müßen, so waren wir doch froh daß wir bey dem extraordinair schönen Wetter nur fortkommen konnten. Wie wir aber abfahren sollten wolte der Postmeister den Bauern in schlechten Gelde bezahlen, da wir doch gutes Geld gegeben hatten. Der Bauer u. der Post Meister bekamen Händel miteinander u. die Bauern waren auf unsere Seite, versprachen uns zu fahren für das was wir dem Postmeister hatten gegeben, u. sie wolten schon ihr Geld vom Postmeister krigen. Wie der Postmeister das merkte versprach er so gleich Pferde zu verschaffen, wir nahmen also unser Sachen von den Bauer Wagen herunter, u. ließen denselben vorgespannt vorm Wirthshaus stehen u. gaben ihnen Warte Geld, u. sagten gleich zum Postmeister, daß wenn wir binnen einer halben Stunde keine Pferde bekämen, so würden wir mit den Bauern gehen u. den Postmeister würden wir schon zu finden wißen.

Dem Postmeister wurde Angst, er gab klein zu, u. lief nebst Frau und Kinder, der eine hie der ander da im Dorf herum, um uns Pferde zu verschaffen. Es dauerte aber doch wol eine Stunde so hatten wir Pferde u. Wagen, daran der Wagner und Schmiedt bis die Pferde vorgespannt wurden arbeiteten.
Als wir nun zum Hof hinaus fuhren, fuhr der Postillion mit der linken vorder Axe an eine Säule und der Deistel ging entzwey. Wir mußten also noch ½ Stunde da seyn bis der Wagner kam u. eine neue Deistel einpaßte.
Es war aber unser Glük daß es noch im Hof u. nicht drausen zwischen die Dörfer geschahe, denn die Deistel hätte doch nicht lange halten können. Um 6 Uhr passirten wir die Weser bey Stolzenau. Eine ganze Stunde vor derselben kann man noch die Spuren von der lezthin geschehenen Ueberschwemmung noch sehen. Wir kamen endl. um 10 Uhr Abends in Diepenau an daselbst alles voll u. 2 Kutschen auf Pferde warteten. Wir hatten stark Nordlicht u. war helles kaltes schönes Wetter. Wir blieben die Nacht in Diepenau u. wolten früh fort, welches uns vom Post Meister auch versprochen war.
Ein extra Post die in der Nacht gekommen war, fuhr heute früh wieder ab, und wir die wir etliche Stunden eher gekommen waren, mußten, wieder alle Postordnung warten, der Postmeister entschuldigte sich daß unsere Pferde eher waren bestellt worden als jene, aber der Bauer so fahren sollte hätte ihn betrogen und wollte jezt nicht fahren. Er war sehr nachgebend u. bat um Vergebung, wir expostulirten aber mit ihm u. mußten uns endl. bey dem H Amtmann u. Bürgemeister darüber beschweren, die endl. befahlen daß der Bauer fahren mußte. Wir kamen also erst

Los. Ihr Commercium wird dem Herrn heilig seyn: man wird nicht zum Schaz sondern, noch verbergen; sondern die vor dem Herrn wohnen, werdens zu genießen. So daß man keinem Dürftigen seine Begierde versagen dürfe.

♃ 12. Zu Mittag hier erst fort. Wir haben aber aus dem ganzen Discours des Postmeisters so viel gemerkt daß er mit dem Postmeister in Lese genau zu sammen hing, u. daß dieser es jenen an die Hand gegeben haben mag, wo mögl. uns wo eine Hinderung zu machen. Um 7 Uhr Abends kamen wir in Bohmte an, wir wurden gleich befördert und waren

Los. Ihr werdet der Riße an der Stadt Davids viel sehen doch daß bisher sein Bau ist blieben.

♀ 13ten Früh um 3 Uhr zu Osnabrück im Röm. Kayser. Br. Dettmers u. Thrane die nicht ganz wohl waren legten sich etliche Stunden ins Bett wir übrigen ließen die Stube heizen u. saßen auf Stüle und schliefen ein wenig. Um 6 Uhr ließen wir uns einen Coffe machen zahlten die Post von hier bis Zeyst mit 19 Duc. u. fuhren um 8 Uhr von hier weg nach Upenbüren. Es war gut Wetter. Nach einer Stunde hatten wir wieder Pferde u. kamen um ½ 7 Uhr in Rene an. Um 9 Uhr fuhren wir von hier wieder ab u. kamen

Los. Wo nicht der Auserwehlte das Glük erhalten hätte.
Was wär es spät u. frühe mit aller unsrer Mühe.


♄ 14 früh um 3 Uhr in Bentheim an. Hier machten wir uns eine Chocolade. Wegen des hohen Waßers in der Vecht mußten wir etliche Stunden umfahren, sonsten hätten wir können um 12 Uhr in Bentheim seyn. Um ½ 5 Uhr fuhren wir nach Delte. Zu unserm Glük wechselten die Postillions unterwegens, u. wir kamen, weil wir ein gutes Trinkgeld versprochen noch um 8 Uhr in Deventer an u. auch um 9 Uhr vorm Thore Schluß wieder heraus. In Apeldorn kamen wir um 12 Uhr und mußten hier füttern weil wir in Deventer nicht so lange warten wolten. Wir machten uns einen Coffe, Br. Dettmers aber war krank, von da gings durch Busch u. Heide nach Forthuysen. Nach 4 Uhr da der Mond untergangen war kam ein dicker Nebel wie wir mitten in der schwarzen Heide waren, u. da geschahe es daß wir zum erstenmal umschmißen aber sehr sanfte u. glükl. ohne das geringste Wehthun oder Schaden.

Los. Heute dieses Tages bist du ein Volk worden dem Herrn.
Zwey waren wir u. dazu kamen vier


☉ 15. Früh um 7 Uhr waren wir in Forthuysen, und um 12 Uhr in Ammersfort. Es war heute wieder gutes Wetter. Das berühmte Ammersforter Glockenspiel haben wir auch gehört, wie auch das in Deventer. Um 4 Uhr kamen wir zu unser aller Freude in Zeyst an, u. waren von Herzen froh daß wir von dieser beschwerlichen Reise endlich ereicht hatten das selige
Ende


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